Vielleicht ist dieser Blogbeitrag für viele gar nicht so interessant, da wir unsere Erfahrung mit der Erfahrung des sogenannten „Darién-Gap“ teilen werden. Ich versuche es daher so spannend wie möglich zu machen.
Wir hatten uns vorgenommen, einen eigenen Blogbeitrag zu diesem Thema zu machen, da wir damit auch an andere Reisende Informationen zu diesem kleinen Abenteuer geben möchten. Wir haben uns nämlich bereits Monate vorher zu diesem Thema totgegoogelt und sind auf viele verwirrende und auch falsche oder einfach nur alte Informationen gestoßen.
Der Darién Gap (nur für diejenigen, die es nicht wissen) ist das Gebiet, welches sich zwischen Kolumbien und Panama befindet, bzw. stellt der Darién Gap das gesamte Grenzgebiet der beiden Staaten dar. Das Problem bei der ganzen Sache ist, dass es keine Straße hindurchgibt. Nichteinmal eine Piste. Nur undurchdringlichen Regenwald, der von Guerillakämpfern besiedelt wird. Es ist daher abzuraten, sich alleine durch dieses große Stück Wald zu kämpfen. Wir waren auch überrascht, dass die Panamericana, die von Südchile bis Alaska führt, unterbrochen wird. Alle die mit dem Auto kommen, müssen es verschiffen.
Es gibt eigentlich drei Möglichkeiten (mal abgesehen vom Laufen), dieses Stück Land zu umgehen.
Die erste und einfachste Möglichkeit ist ein Flug nach Panama-Stadt ab einer der kolumbianischen Großstädte. Zu dem Zeitpunkt unserer Recherche waren Flüge ab Cartagena am günstigsten. Man konnte noch recht kurzfristig Flüge mit der Fluggesellschaft „Wingo“ buchen. Die Preise lagen hierbei bei 95 US-Dollar pro Person ohne Gepäck und 115 Dollar mit Gepäck.
Die zweite Möglichkeit wäre, mit mehreren Booten auf der Pazifikseite bis nach Panama-Stadt zu fahren. Hierbei beginnt man ab der kolumbianischen Küstenstadt Buenaventura. Viel mehr haben wir darüber aber auch nicht rausfinden können.
Die dritte Möglichkeit ist im Prinzip die Atlantik-Version der zweiten Möglichkeit, für die wir uns entschieden haben.
Andere Quellen, die besagen, dass es immer noch eine Fähre von Cartagena (Kolumbien) nach Colón (Panama) gibt, stimmen nicht. Es gab zwar immer mal wieder Fährverbindungen zwischen den beiden Städten, die jedoch nach kurzer Zeit eingestellt wurden. Auch dsas kann sich aber jederzeit wieder ändern…
Unsere Entscheidung, die Atlantik-Version zu anzugehen hatte zum einen den Grund, dass wir nicht besonders Große Lust hatten zu fliegen, da wir das wie eine Unterbrechung unserer Reise gesehen hätten. Zum anderen wollten wir uns die auf dem Weg liegenden Karibikdörfer Capurganá, Sapzurro und La Miel anschauen. Fähren nach Capurganá, das ganz nah an der panamaischen Grenze liegt, fahren ab Turbo und Necoclí. Wir entschieden uns für das unaufgeräumte und umtriebige Turbo, wo wir die letzten Vorbereitungen trafen. Wir schliefen in einem günstigen Hotel direkt am Hafen in einem kleinen versifften Zimmer ohne Fenster. Am nächsten Morgen ging es dann los. Wir wurden mit Mototaxis (mit großen Rucksäcken hinten auf jeweils einem Motorrad sitzend) zum Hafen gefahren, ab dem die Schnellboote nach Capurganá abfahren. Wir hatten am Vortag bereits reserviert und so hatten wir unsere Plätze sicher. Der Preis für die ca. 90 Km. lange Fahrt lag bei 70.000 Kolumbianische Pesos pro Person (ca. 20€). Dabei sind 10 Kg. Gepäck frei, jedes weitere Kilo kostet 1.000 Pesos mehr. Der Preis für die Fahrt ist nicht verhandelbar und uns wurde auch kein Touristenspezialpreis gemacht. Allerdings ändert sich der Preis je nach Saison. Wenn mehr Leute mitfahren, zahlt man 60.000 COP (ca. 16,30€) pro Person. Nach einer Passkontrolle (und dem Zahlen der Hafengebühr von 3.000 COP (0,80€) pro Person) ging es dann los. Das Boot war relativ groß, modern und mit drei riesigen Außenbordmotoren ausgestattet. Nach fünf Minuten Fahrt wurden an einer Kontrollstelle alle Pässe eingesammelt, dabei werden mehrere Kubaner ohne kolumbische Aufenthaltsgenehmigung, die vermutlich zurück nach Kuba wollen, herausgefischt und zurück zum Hafen gebracht. Für uns ging es dann weiter. Das Boot, das Platz für etwa 60 Passagiere hatte, fuhr sehr schnell und von so manch Geschichte, die besagt, dass man bei der Fahrt absolut nass wird und einem Schläge in den Rücken versetzt werden, war auf unserer Fahrt keine Spur. Wir vermuten, dass es diese großen Schnellboote noch nicht so lange gibt. Wir hielten zwei oder drei mal, wobei immer wieder aus- und zugestiegen wurde. Nach rund 2,5 Stunden Fahrt kamen wir dann in Capurganá an und würden direkt von einem Hostelbesitzer überfallen, der uns zu seinem Hostel führte, wir uns dann aber entschieden in den Nachbarort Sapzurro zu laufen. Der vier Kilometer lange Weg mit 200 Höhenmetern nach Sapzurro ist gut ausgeschildert, ist aufgrund der feuchten Luft und der Hitze jedoch echt anstrengend. Vor allem mit großen Rucksäcken. Dafür wird man allerdings mit herumturnenden Brüllaffen in den Baumwipfeln, Kolibris und Tukanen belohnt. Kurz vor dem höchsten Punkt wird man zum Schutz des Waldes um 3.000 Pesos (0,90€) gebeten und bekommt dafür zur Erfrischung Schnitze der sehr sauren Sternfrucht angeboten. Auf dem höchsten Punkt gibt es einen Aussichtsturm, von dem man aus Sapzurro und Capurganá aus sehen kann.
In Sapzurro selbst gibt es einige Zeltplätze, wo man sein Zelt ab 10.000 Pesos (ca. 3€) pro Person pro Nacht aufstellen kann. Sapzurro ist sehr klein, ruhig und liegt in einer kleinen Bucht mit Sandstrand und einigen Kokospalmen. Es gibt mehrere kleine Läden und eine Bäckerei. Wir verbrachten drei Nächte dort. Man kann sich Schnorchelausrüstung leihen oder ins nahe gelegene panamaische La Miel laufen (1 Km.). Dazu muss man nicht nach Panama einreisen, jedoch trotzdem seinen Pass dabeihaben, der kurz beim Übergang kontrolliert wird. In La Miel werden dann für die Reinigung des Strandes (der angespülte Müll wird einfach vergraben) wieder 2.000 COP (0,50€) fällig. Der Ort sieht von oben sehr schäbig aus, ist aber ähnlich wie Sapzurro und hat einen sehr schönen Strand mit türkisfarbenem Karibikwasser, in das sich regelmäßig Pelikane stürzen um sich ihre Mahlzeit zu besorgen.
Um weiter nach Puerto Obaldía zu kommen, mussten wir wieder zurück nach Capurganá zurück und erneut entschieden wir uns für den Fußmarsch, denn die Fahrt mit dem Boot kostet natürlich wieder (10.000 Pesos pro Person). Vollkommen durchnässt kamen wir in Capurganá an. Das Wasser stand auf den Wegen im Ort rund 20 Zentimeter tief. Wir wurden unterwegs von einem heftigen Gewitter mit sintflutartigem Regen überrascht, der zwei Stunden anhielt. Alles war nass, auch in den Rucksäcken. Nach einigem Umhersuchen und Warten fanden wir ein Boot, dass nach Puerto Obaldía fuhr. Vorher mussten wir uns noch den Ausreisestempel in der kolumbianischen Migrationsbehörde holen, was allerdings nur dann funktioniert, wenn es nicht zu sehr bewölkt ist (wegen dem Signal). Die Fahrt kostete 35.000 COP (10 €) pro Kopf plus 1.000 COP pro Kilo Übergepäck (10 Kg. sind frei). Nach rund einer Stunde Fahrt, in einer Nussschale, wobei man ganz schön nass wird, kamen wir in Puerto Obaldia an. Zunächst wurde unser gesamtes Gepäck durchsucht. Alles. Dann mussten wir zur panamaischen Migrationsbehörde. Der Beamte wollte von uns zunächst eine Kopie des Passes haben (konnte man sich nebenan machen lassen). Kein Problem. Dann wollte er Bargeld sehen, und das nicht zu knapp. 500 US-Dollar pro Person. Wir hatten das vorher bereits gelesen, hatten aber auch gelesen, dass ein Kontoauszug ausreicht. Den hatten wir dabei. Bargeld nur so viel wie wir glaubten für die Weiterfahrt zu brauchen. Er wollte aber Bargeld sehen und meinte, dass die 140 US-Dollar, die wir pro Person dabei hatten, nicht ausreichen würden, um weiterzukommen. Er wollte Bargeld. Wir diskutierten hin und her und dann wollte er ein Ausreiseticket von uns sehen. Unser Problem Nummer zwei. Wir hatten keines. Wir wussten, dass wir eines vorlegen müssten, hatten aber gelesen, dass fast nie danach gefragt wird. Dann ging es wieder um’s Geld und nach einem langen Hin und Her gab er dann nach und drückte uns endlich diesen Stempel in die Pässe, wobei er meinte, dass wir nächstes mal das Bargeld dabeihaben müssten. „Jaja, nächstes mal ;)“, dachten wir uns nur. Das Ausreiseticket hatte er während der ganzen Diskussion zum Glück vergessen. Ein Ivorer, Edmund, der das gleiche Problem hatte, jedoch keinen Stempel bekam, musste nun an Geld kommen und auch wir versuchten noch etwas zu kriegen. Glücklicherweise gab es einen Mann im Ort, über den man sich Geld per Western-Union beschaffen konnte, wir jedoch nicht…
Die Nacht verbrachten wir mit vier Kanadiern, die in die andere Richtung unterwegs waren, unter einem Dach im Freien. Es war eine miese Nacht. Am folgenden Morgen suchten wir nach Möglichkeiten aus Puerto Obaldía mit dem Boot wegzukommen. Edmund hat sich bereits für einen Flug (ja, aus diesem Kaff gibt es Flüge nach Panama-Stadt) entschieden, als es dann auf einmal hieß, dass ein Boot zum Ablegen bereitstünde. Also packten wir die Sachen in Plastiktüten, ein Hund machte eine Drogenkontrolle mit dem Gepäck und dann ging es los. Wir drei und drei Fahrer. Die Männer wollten 100 Dollar pro Kopf. Das Boot war eigentlich nur ein kleines Motorboot von 10 Meter Länge und viel zu klein für die Strecke und die Wellen. Es war trüb und regnerisch. Das kleine Boot verschwand teilweise vollkommen zwischen den hohen Wellen, um dann über die nächste drüberzuschanzen. Der darauffolgende Aufschlag fuhr einem jedes mal vom Steißbein bis in den Kopf hoch. Dabei bekam man immer noch eine Ladung Salzwasser ins Gesicht, was schon nach kurzer Zeit zu brennenden Augen führte. Es war eine Qual. Dann wurde das Meer und damit auch die Fahrt ruhiger, da wir hinter eine Insel kamen. Nach zwei Stunden war die Fahrt für diesen Tag dann vorbei. Die Fahrer meinten, wir würden sowieso nicht mehr ankommen und könnten hier schlafen und essen. Für 7 Dollar bekamen wir pro Person unter, 3 Dollar mussten wir der indigenen Bevölkerung auf der Insel an Steuern zahlen und das Essen kostete nochmal 3,50 Dollar pro Person, wobei uns Edmund einlud, da wir beide das Essen boykottieren wollten. Auch aus finanziellen Gründen. Also im Prinzip hätten wir ohne Edmund keine andere Wahl gehabt, wir selbst hätten das Essen einfach nicht bezahlen können. Wir sind beide jetzt nicht wirklich schwierig was Essen angeht, zumal wir ziemlich Hunger hatten, wir hatten ja den ganzen Tag nichts gegessen und am Vortag nur etwas Reis, aber das war wirklich nicht besonders lecker. Es gab für jeden eine kleine Portion Reis und ein Stückchen Huhn, was grauenhaft nach Chlor geschmeckt hat. Naja, die Mägen hatten zumindest etwas zu tun.
Um sechs Uhr am nächsten Tag ging’s dann weiter. Die Wellen waren wie am Vortag, jedoch hatte ich so langsam rausgefunden, wann ich etwas aufstehen musste, damit es keine Schläge mehr in den Rücken gab. Das war zwar sehr anstrengend, aber angenehmer als alles andere. Die in der Mitte der Bank sitzende Rebecca konnte das nicht, da sie nicht sah, wann sich das Boot in der Luft befand, wollte jedoch mit mir auch nicht tauschen. Edmund saß auf der anderen Seite und rührte sich die ganze Fahrt über nicht. Er nahm die Schläge bis auf wenige Ausnahmen, in denen er kurz aufschrie, wortlos hin. Nach vier Stunden Fahrt legten wir auf einer Insel der San-Blas-Gruppe an und sollten Frühstücken. Diesmal boykottierten wir alle drei und beobachteten in der Zeit einen angeketteten Brüllaffen, der einen ganz komisch anschaute und Meeresschildkröten, die in einem Becken gehalten wurden. Nach weiteren eineinhalb Stunden der Fahrt kamen wir erneut an einer Insel an und wurden gebeten auszusteigen, denn wir seien nun in Cartí, dem abgesprochenen Ankunftshafen. Uns war allen klar dass das nicht stimmte und sagten den Fahrern, dass wir auf einer Insel sind und Cartí abgemacht war. Sie erzählten uns, dass sie dort nicht anlegen könnten und die Insel bereits zu Cartí gehöre. Dann stiegen wir aus und sie fuhren schnell weg, wobei sie ihre Schwimmwesten, die wir noch anhatten, vergaßen. Innerlich befriedigte mich das ein wenig. Dann mussten wir ein Boot auf die andere Seite bis nach Cartí nehmen, was nochmal 5 Dollar pro Person kostete. Dort angekommen luden wir unsere klatschnassen Rucksäcke (trotz Tüte) aus und zogen unsere mindestens genau so nassen Kleider aus. Schon gleich kam ein man auf uns zu, der uns dann zur Passkontrolle schickte und 20 Dollar pro Person an Steuern dafür wollte, dass wir die Gewässer um die San Blas-Inseln benutzten. Ich sah das echt nicht ein, da wir miterlebt hatten, wie das mit dem Abwasser auf den Inseln funktioniert. Naja also eigentlich gibt es kein Abwasser, sondern es wird direkt durch ein Loch ins Meer gemacht und Klopapier hinterhergeworfen. Dann geht man aus dem Häuschen raus und kann seiner Hinterlassenschaft hinterherwinken. Ich wäre bereit, die 20 Dollar zu zahlen, wenn ich wüsste, dass die Menschen dort das Wasser schützen und nicht verschmutzen. Zahlen mussten wir dann trotzdem. Jetzt waren wir pleite und als der Mann uns dann noch ganz frech sagte, dass wir noch jeweils 2 Dollar an Gebühr für den Hafen und die Sicherheit vor Ort (es war nur ein Anlegesteg mit ein paar Häusern dahinter) zu zahlen hätten, wurden wir auch frech und fragten wofür wir denn noch so alles zu zahlen hätten.
Wir wurden dann zu den Autos nach Panama-Stadt geführt und machten mit dem Fahrer aus, dass wir die viel zu überteuerten 25 Dollar pro Person vorerst nicht zahlen und dass wir ihn in Panama-Stadt, wenn wir abgehoben hätten, bezahlen könnten. Beim Einsteigen fragte er uns, ob wir das erste mal hier seien, worauf mir nichts anderes einfiel als zu sagen, dass es auch das letzte mal wäre.
Nach zwei Stunden kamen wir endlich in Panama-Stadt an. Wir bezahlten den Fahrer und suchten ein Hostel. Dann wuschen wir in einem Waschsalon in vier Maschinen endlich alle Kleidung und die Schlafsäcke, die nach drei Tagen der Nässe schier unriechbare Gerüche entwickelt hatten. Am Abend kochte Edmund für alle eine große Portion Reis und Gemüsecurry. Wir aßen riesige Portionen. Zu viel, denn ich bekam am Tag darauf Magenschmerzen, was sich dann als Magenschleimhautentzündung herausstellte. Wir verbrachten noch zwei weitere Tage in Panama-Stadt, bevor es weiterging.
Ach übrigens…das Auswärtige Amt schreibt auf seiner Seite dass man bei der Einreise nach Panama mit dem Boot eine Gebühr von 100-200 Dollar zahlen muss. Wir haben von niemandem gehört, der das zahlen musste und auch wir blieben davon zum Glück verschont.
Zu der ganzen Sache kann man sagen, dass es sich trotz der vielen negativen Dinge gelohnt hat. Wir haben den Darién-Gap geschafft und das über Land. Wir haben unsere Reise nicht durch einen Flug unterbrochen und haben zwar etwas mehr gezahlt als mit einem Flug, aber für die Erfahrung und die ganze Geschichte hat es sich gelohnt. Durch diese Fahrt haben wir einen neuen Freund gewonnen und hoffen, dass wir uns in Kanada wieder treffen, wo er arbeiten wird. Wir würden die Fahrt mit dem Boot wieder machen, jedoch mehr Bargeld dabeihaben, da man wirklich für alles zahlen muss und es dann auch bei der Einreise nach Panama weniger Schwierigkeiten gibt. Auch hätten wir unsere Rucksäcke lieber in zwei Tüten gepackt. Ach übrigens: Die Tüten gibt’s natürlich auch nicht umsonst, in Turbo wurden uns pro Tüte 2.000 COP (0,50€) abgeknöpft.
Macht es, aber bereitet euch besser vor. 😉
Liebe Grüße aus Panama,
Rebecca und Johann
(Johann)